Der richtige Fisch kommt auf den Tisch

Werden Art und Herkunft von Fisch- und Meeresprodukte korrekt bezeichnet? Im Rahmen des Citizen Science Projektes #fischdetektive untersuchten dies Kinder und Jugendliche in Zusammenarbeit mit dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Die bisher umfangreichste Studie dieser Art, die im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2016*17 - Meere und Ozeane stattfand, zeigt, dass nur wenige Fischproben falsch etikettiert waren.

Kann sich der Verbraucher sicher sein, dass Fisch und Meeresprodukte auch korrekt bezeichnet werden? Wo und wie wurden sie gefangen? Diese und andere Fragen wurden im Rahmen des Projektes #fischdetektive untersucht, das vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordiniert wird. Das „Citizen Science“-Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2016*17 Meere und Ozeane gefördert.

In einer bundesweiten dreiwöchigen Kampagne haben Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren während der „#fischdetektive challenge“ im Juni diesen Jahres insgesamt 647 Fischgewebeproben gewonnen und mit ausgefüllten umfangreichen Fragebögen ans GEOMAR geschickt. „Aus den Proben konnten wir in 468 Fällen einen genetischen Barcode, eine Art genetischen Flossenabdruck gewinnen und so die Identität der Fische überprüfen“, erläutert Projektkoordinatorin Dr. Anna Bockelmann vom GEOMAR.

Die gute Nachricht ist: Beim größten Teil der Fische stimmten die im Handel angegebene Fischart mit dem genetischen Barcode überein. Nur bei 5% der Fische (insgesamt 24) war dies nicht der Fall. Unter diesen waren neun Fische, bei denen man eine absichtsvolle Fehletikettierung annehmen kann. Hier war zum einen anstelle einer teureren Fischart eine preiswertere verkauft worden (ein sogenanntes "upgrading", 6 Fälle). Bei drei weiteren Proben wurden atlantische durch pazifische Arten ersetzt. Die häufigsten eingeschickten Fischarten waren Alaska-Seelachs gefolgt von Seelachs und Kabeljau/Dorsch. Insgesamt konnten 40 verschiedene Fischarten identifiziert werden. Die meisten Fische wurden mit Schleppnetzen im Nordostatlantik gefangen und als tiefgefrorenes Filet im Supermarkt gekauft.

Die vorliegende Studie beruht mit 468 Proben auf etwa viermal so vielen Datenpunkten wie die einzige bisher existierende deutsche Studie zu dieser Fragestellung. Diese wurde allerdings nur im norddeutschen Fischhandel durchgeführt. „Damit besitzen wir nun erstmalig eine solide Datenbasis zum Thema Fehletikettierung in Deutschland“, so Dr. Bockelmann. Die GEOMAR Wissenschaftler konnten darüber hinaus zeigen, dass Kinder und Jugendliche so akkurat und präzise arbeiten können, wie dies für ein wissenschaftliches Projekt notwendig ist. Außerdem zeigt das Projekt eindrucksvoll die Vorteile eines Bürgerforschungsprojektes. „Wir erhielten Proben aus ganz Deutschland, was die Ergebnisse sehr repräsentativ macht“, so Anna Bockelmann. 

Weil es aufwändiger ist, die Begleitinformationen über Art und Herkunft der Probe im Restaurant statt im Supermarkt zu ermitteln und besondere Fischarten schwieriger zu bekommen sind, gab es für die Proben unterschiedlich viele Punkte; die höchste Gesamtpunktzahl hat gewonnen. „Unsere Gewinner waren sehr fleißig und sorgfältig und haben tolle Video-Clips zu ihrer Probenahme erstellt“, berichtet Dr. Anna Bockelmann. Die Gewinnerinnen und Gewinner können beispielsweise auf einem Forschungsschiff mitfahren oder an einem Forschertag am GEOMAR teilnehmen. Bei den Kindern und Jugendlichen soll mit diesem Projekt Interesse für das Meer und eine nachhaltige Fischerei geweckt werden. Dr. Anna Bockelmann hofft: „Wir möchten mit diesem Projekt Kinder und Jugendlichen aufzeigen, dass sie als mündige Verbraucher selbst Einfluss nehmen können“. Die vollständigen Ergebnisse und Begleitinformationen können auf der Website www.fischdetektive.de eingesehen werden. 

Mehrere Untersuchungen hatten zuvor in anderen europäischen Ländern deutlich höhere Fehletikettierungen gefunden und für erhebliches Aufsehen gesorgt. Bei genauerem Hinsehen beschränkten sich diese Studien allerdings auf solche Segmente der Fischprodukte, wo eine Fehletikettierung einfacher ist (z.B. Sushi, Plattfischfilets oder verarbeitete Fischprodukte). Die #fischdetektive untersuchten unverarbeiteten Fisch. „Um Studien miteinander vergleichen zu können, muss sehr genau auf die Untersuchungsbasis geschaut werden, sonst vergleichen wir Äpfel mit Birnen“, erläutert Prof. Dr. Thorsten Reusch vom GEOMAR, der die Studie mit geleitet hat. Ein nächster Schritt wäre neben der Einbeziehung für Projekte dieser Art eine Verfeinerung der genetischen Methodik, um nicht nur die Fischart, sondern auch die genaue Herkunft der Speisefische bestimmen zu können. „Denn nur so lässt sich abschließend beurteilen, ob der Fisch auf unserem Tisch aus einem nicht bedrohten Bestand stammt“, so Professor Reusch.

Zum Artikel auf geomar.de


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