Endstation Tiefsee: Mikroplastik belastet Meeresgrund noch stärker als angenommen

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Die Senckenberg-Forscherinnen Serena Abel und Angelika Brandt haben mit Kolleg*innen des Alfred-Wegener-Instituts – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und der Goethe-Universität Frankfurt die Mikroplastik-Verschmutzung des westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Grabens untersucht. Dabei fanden sie in jeder einzelnen von insgesamt 13 Sedimentproben aus bis zu 9450 Metern Tiefe zwischen 215 und 1596 Kleinstpartikel pro Kilogramm – mehr als zuvor nachgewiesen. Ihre nun im Journal „Science of The Total Environment“ erschienene Studie zeigt: Die Tiefsee ist der „Mülleimer der Meere“ – und bei der Ablagerung überraschend dynamisch. Die hohe Biodiversität am tiefsten Meeresgrund ist durch die Verschmutzung mit Mikroplastik stark gefährdet.

Mikroplastik ist überall. Winzige Plastikpartikel belasten nahezu jedes Ökosystem der Erde. Die Meere sind besonders betroffen und wie die neu veröffentlichte Studie nahelegt, sind maritime Gräben Tausende Meter unter dem Meeresspiegel die „letzte Ruhestätte“ für eine beunruhigend große Menge der kleinsten Plastikteilchen.

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Mit Hilfe der Micro-FTIR-Methode, einer speziellen Variante eines Spektrometers, konnten die Forschenden noch kleinste Mikroplastik-Partikel nachweisen. „Jedes Jahr gelangen schätzungsweise 2,4 bis 4 Millionen Tonnen Plastik über die Flüsse ins Meer, als Folge des extremen weltweiten Plastikkonsums und der schlecht organisierten Müllentsorgung. Ein beträchtlicher Teil davon sinkt zum Meeresboden und sammelt sich im Sediment an, oder wird durch Strömungen bis in die tiefsten Regionen weitertransportiert, wo es sich letztendlich ablagert. So wird die Tiefsee zum ‚Endlager des Mülls‘“, mahnt Brandt. Insgesamt 14 verschiedene Plastikarten haben die Forschenden in den Proben aus dem Kurilen-Kamtschatka-Graben gefunden. Unter den häufigsten Stoffen befindet sich Polypropylen, einer der weltweit für Verpackungen verwendeten Standardkunststoffe, sowie die für Lacke genutzten Acrylate und Polyurethan.

Überrascht war das Forschungsteam von den großen Unterschieden zwischen den einzelnen Proben. „Bislang galt der tiefste Meeresgrund als eine vergleichsweise unbeeinflusste und stabile Umgebung, in der sich das Mikroplastik ablagert und an einem Ort verbleibt. Umso erstaunter waren wir, dass auch Proben, die nur wenige Meter voneinander entfernt entnommen wurden, ganz unterschiedlich aufgebaut waren“, berichtet Abel und ergänzt: „Das zeigt, was für eine dynamische Umgebung die tiefsten Bereiche der Tiefsee tatsächlich sind. Nicht nur spezielle Strömungen und Wirbel, sondern auch die Organismen, die hier heimisch sind, halten das Sediment in Bewegung.“ Tatsächlich ist die Biodiversität am Grund des Kurilen-Kamtschatka-Grabens sogar höher als in weniger tiefen Bereichen dieses Grabens. Die Sorge, die die Forscher*innen angesichts der kontinuierlich zunehmenden Plastikverschmutzung der Meere umtreibt, bringt Brandt auf den Punkt: „Genau diese hohe Biodiversität in der Tiefsee wird durch die starke Verschmutzung mit Mikroplastik nun besonders gefährdet!“

(Quelle: Senckenberg, gekürzt)

Den vollständigen Artikel finden Sie unter senckenberg.de


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