Fischerei in Europa: Mehr Gewinn bei weniger Aufwand möglich

Die Bestandsaufnahme klingt zunächst ernüchternd: Eine neue Studie internationaler Fischereiexpertinnen und -experten zeigt, dass 85 Prozent der Fischbestände in europäischen Gewässern in einem kritischen Zustand sind. „Unsere Daten belegen, dass nur 12 Prozent der Bestände die Vorgaben der gemeinsamen EU-Fischereipolitik erfüllen“, erklärt der Leiter der Studie, Dr. Rainer Froese vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Doch das internationale Team hat es nicht bei der reinen Bestandsaufnahme belassen. Zusätzlich haben sie die Daten daraufhin untersucht, welche Vorteile ein besseres Management der Fischbestände hätte. „Das Ergebnis hat mich in seiner Deutlichkeit selbst überrascht“, sagt Dr. Froese, der auch Mitglied im Kieler Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ ist. Denn die Studie ergab, dass die Fänge insgesamt um 57 Prozent erhöht werden könnten, wenn vorher die Fischbestände wiederaufgebaut und dann nachhaltig und vorsichtig bewirtschaftet werden würden. „Das wären fünf Millionen Tonnen Fisch mehr pro Jahr. Und gleichzeitig wären die Bestände langfristig stabil“, betont der Kieler Biologe.

Der Wiederaufbau der Bestände würde laut Studie nur wenige Jahre dauern, abhängig davon, in welchem Zustand sie sich aktuell befinden. „Bei den meisten würde eine Erholungszeit von weniger als fünf Jahren ausreichen“, sagt Dr. Froese. Die in der Studie vorgeschlagene „vorsichtige Befischung“ würde bedeuten, dass als Ziel nur 90 Prozent des höchstmöglichen Dauerertrags (englisch: Maximum Sustainable Yield, kurz: MSY) angestrebt wird.

„Der Vorteil wäre, dass Fischerei auf gesunde Bestände wesentlich weniger Aufwand erfordert, weil genug Fische im Wasser sind“, erklärt Dr. Froese, „weniger Fischereiaufwand bedeutet weniger Beifang, weniger Umweltschäden, geringere Fangkosten und damit auch höhere Gewinne für die Fischer“. Bei einigen Beständen wäre sogar eine Steigerung der Fangmengen um mehr als das 3-fache möglich, wenn die Vorschläge der Wissenschaftler beachtet werden. Zu diesen Beständen gehören beispielsweise Schellfisch und Kabeljau in der Nordsee oder Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee.

Für die Studie haben sich insgesamt neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fünf Nationen die Daten von 397 Beständen aus allen europäischen Meeren von der Barentssee bis zum Schwarzen Meer angesehen. Die Studie und vier dazugehörigen Workshops wurden von der Nicht-Regierungsorganisation OCEANA unterstützt.

„Mit diesen Ergebnissen zeigen wir, dass ein nachhaltiger Umgang mit Meeresfrüchten nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich vernünftig ist“, fasst Dr. Froese die Ergebnisse zusammen.

Weitere Informationen unter idw-online.de


Zurück