Fischerei könnte vom Pariser Klimaabkommen massiv profitieren

Die Fischerei wird bei einem Einhalten des Pariser Klimaabkommens massiv profitieren. Das zeigt eine in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie von Klimaforschern der Eidgenössischen Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) und der kanadischen University of British Columbia.

Vor einem Jahr hat sich die Staatengemeinschaft in Paris darauf geeignet, ihr Möglichstes zu unternehmen, um die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Im Idealfall soll die Durchschnittstemperatur weltweit nicht mehr als um 1,5 Grad steigen. Es ist jedoch schwierig, sich den Nutzen vor Augen zu führen, den die Menschheit davon hätte, wenn sie dieses Ziel erreichen oder gar unterschreiten würde.

Wissenschaftler der ETH Zürich und der University of British Columbia haben deshalb die Pariser Klimaziele auf ein fassbares Beispiel, die globale Fischerei, übertragen. Damit zeigen sie, was diese Ziele für diesen wichtigen Wirtschaftszweig bedeuten könnten. Gemäss den Modellrechnungen der Forscher profitiert die Fischerei enorm, wenn die durchschnittliche globale Erwärmung zwei Grad nicht überschreitet. Die potenziellen maximalen Fangerträge liegen mit jedem Grad eingesparter Erwärmung um drei Prozent höher (bezogen auf die von der Welternährungsorganisation FAO ermittelte weltweite Fangmenge von rund 88 Mio. Tonnen im Jahr 2014).

Die Forscher sagen auch voraus, dass vor allem der tropische Pazifik beim Einhalten des Pariser Klimaabkommens stark profitiert. Dort sinken zwar die Fangerträge um zwölf Prozent, selbst wenn das 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird. Bei einer Erwärmung um 3,5 Grad gingen sie aber um 47 Prozent zurück.

Viele Länder rund um den Äquator hängen stark vom Fischfang ab. "Einen Grossteil der Versorgung an tierischen Proteinen decken die Menschen dieser Regionen durch Fisch", erklärte Thomas Frölicher, Umweltphysiker am Institut für Schadstoffdynamik und Biogeochemie der ETH Zürich und Mitautor der Studie. "Der grosse Nutzen einer begrenzten Erwärmung von maximal 1,5 Grad ist für die Länder am Äquator ein wichtiges Argument, wieso das Klimaziel eingehalten werden sollte."

Im Gegensatz dazu könnten nordische Fischer vorübergehend mit jedem zusätzlichen Grad einen Fünftel mehr Ertrag erzielen. In der Arktis wird sich die Erwärmung positiv auf die Fischerei auswirken, weil das Meereis schwindet und mehr Licht (und Wärme) in den Ozean gelangt. Das kurbelt das Wachstum von pflanzlichem Plankton an. Dadurch nehmen die Fischbestände zu. Aber auch die Invasion von Fischarten aus wärmeren Breiten lässt die Bestände in der Arktis wachsen. Würde das 1,5-Grad-Ziel von Paris eingehalten, so würden arktische Fischer 30 Prozent mehr Ertrag erzielen, bei 3,5 Grad sogar 55 Prozent mehr als heute.

Die Fischerei in den hohen nördlichen Breiten wird allerdings nicht ewig von der höheren Produktivität des Meeres profitieren. Ab einem bestimmten Punkt kippt das System, die Erwärmung wird sich negativ auf arktische Ozeane auswirken: Ab einer durchschnittlichen Erwärmung von mehr als 3,5 Grad schrumpfen zum Beispiel im europäischen Nordmeer die Fischbestände wieder. Dies habe damit zu tun, dass höhere Wassertemperaturen zu einer stabileren Schichtung des Ozeans führen und damit zu einem geringeren Wachstum des Pflanzenplanktons.

"Der Zusammenhang zwischen globaler Durchschnittstemperatur und dem durch die Menschen verursachten kumuliertem CO2-Ausstoss ist linear, genauso wie derjenige zwischen globalem Fischereiertrag und Temperatur", erklärte Frölicher. Deshalb könne man direkt umrechnen, wie sich eine ausgestossene Tonne CO2 auf den Fangertrag auswirkt.

Noch ist die Auflösung der Klimamodelle zum Teil nicht hoch genug, um robuste Voraussagen für einzelne Küstenregionen zu treffen. Frölicher und seine Kollegen arbeiten deshalb an einer Nachfolgestudie, welche eine höhere Auflösung haben wird. Für diese Studie hat der ETH-Wissenschaftler mit Fischexperten um Professor William Cheung von der University of British Columbia zusammengearbeitet. Die kanadischen Wissenschaftler haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dem sie das Vorkommen von 900 verschiedenen Fischarten modellieren können. In dieses Modell fliessen die ökologischen Ansprüche der Tiere wie Nährstoff- und Sauerstoffgehalt des Wassers sowie die Wassertemperatur ein.

Das Team hat diese potenziellen Vorkommen mit bestehenden Klimamodellen gekoppelt und so die Lebensbedingungen der Fische bei verschiedenen Klimaszenarien berechnet. Die Modelle zeigen auf, wohin sich die Tiere in Zukunft zurückziehen könnten.

Tropische Fische etwa, die heute in Regionen mit einer Wassertemperatur zwischen 27 und 29 Grad leben, werden je nach Klimaszenario künftig mit ein bis zwei Grad wärmerem Wasser konfrontiert. Viele Arten können sich jedoch nicht daran anpassen – nicht zuletzt, weil warmes Wasser weniger Sauerstoff enthält. Sie werden sich deshalb neue Lebensräume in kühleren Gewässern suchen müssen. "Wenn die Wassertemperatur einen gewissen Schwellenwert erreicht, werden Fische abwandern oder aussterben", so Frölicher.

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