Mikroplastik aus der Landwirtschaft: Selbst im Bio-Dünger steckt es drin

Ob über Autoreifenabrieb oder Kosmetik - Mikroplastik gelangt auf vielen Wegen ins Meer. Manche davon sind uns noch nicht einmal bekannt. Neueste Vermutungen zeigen: Auch die Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle.

Die Bilder kennen wir mittlerweile fast alle: Plastik an den Stränden, Plastik im Meer, Plastik in den Bäuchen von Tieren. Aber wie viel Müll weltweit genau in den Meeren herumschwimmt, darüber ist  sich die Forschung bislang nicht einig. Die Schätzungen liegen ungefähr zwischen 100 bis 200 Millionen Tonnen. Doch nur ein Prozent dieser Plastikmüllmassen ist überhaupt sichtbar. Der Rest ist unsichtbares Mikroplastik, das nicht erkennbar seine Bahnen durchs Meer zieht.

Aufgrund seiner minimalen Größe - als Mikroplastik zählen Kunststoffteilchen mit einer Größe von unter fünf Millimetern - ist es enorm schwer zu erfassen. Darüber hinaus verkomplizieren unterschiedliche Messstandards das Problem: "Einige Forscher beziehen ihre Mengenangaben auf das Volumen des Wasserkörpers andere beziehen sich auf eine Fläche und wieder andere auf den Sammel-Aufwand", sagt Lars Gutow. Der Biologe forscht am Alfred Wegener Institut dazu, wie sich Müll im Meer ausbreitet. Erst langsam entwickeln sich laut Gutow internationale Standards, mit denen sich Angaben vergleichen lassen.

Mikroplastik gelangt auf vielen verschiedenen Wegen in die Umwelt. Den vermutlich größten Anteil macht dabei der Plastikmüll aus, der sich im Laufe der Zeit in die kleinen Teilchen zersetzt. Weitere Faktoren sind beispielsweise der Abrieb von Autoreifen oder synthetische Fasern, die bei der Wäsche ins Abwasser gelangen. Forscher gehen davon aus, dass sich in Zukunft jedoch noch weitere Wege zeigen werden, die jetzt noch unbekannt sind.

"Proaktiv handeln, statt reaktiv", fordern deswegen die Umweltwissenschaftler Matthias Labrenz und Alexander Tagg vom Leibniz Institut für Ostseeforschung. Sobald man den kleinsten Verdacht habe, dass Mikroplastik ins Wasser gelangen könnte, müsse dieser Weg untersucht und abgeriegelt werden. In diesem Kontext sehen die beiden Forscher vor allem die Landwirtschaft in einer überaus wichtigen Rolle.

Mikroplastik in der Landwirtschaft

"Wenn wir uns anschauen, was an Kompost-ähnlichen Stoffen auf die Äcker gebracht wird, finden wir viel mehr potentielle Quellen als nur den Klärschlamm", erklärt Alexander Tagg. Zum Beispiel werden übrig gebliebene Nahrungsmittel aus dem Supermarkt geschreddert, um sie in Klärwerken oder Biogas-Anlagen als Substrate hinzuzugegeben. Die Mühe, Fleisch, Mais und Co aus den Verpackungen zu holen, machen sich viele Anlagen dabei nicht. Dadurch gelangt das Verpackungsplastik letztendlich auf die Felder und schließlich ins Wasser. Erst vor wenigen Wochen passierte genau das in Schleswig und verursachte einen Umweltskandal: aus einer Kläranlage waren massenweise Kunststoffteilchn in die Schlei gelangt.

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Ist Mikroplastik überhaupt schädlich?

Wissenschaftlern sind sich nicht einig, ob Mikroplastik überhaupt schadet. "Bei der Erforschung der Effekte stehen wir noch ganz am Anfang, es gibt sehr unterschiedliche, zum Teil auch widersprüchliche Ergebnisse", sagt Lars Gutow. Weil Mikroplastik immer ein Gemisch verschiedener Stoffe ist, könne man nicht von einem prinzipiellen Effekt sprechen, erklärt er. Hinzu komme, dass die Konzentrationen, mit denen Tests - zum Beispiel an Meerestieren - durchgeführt werden, meist fernab realer Mengen liegen. Um die grundsätzliche Wirksamkeit der Partikel erkennen und verstehen zu können, werden sehr hohe Konzentrationen verwendet, die so in der natürlichen Umgebung eher unwahrscheinlich sind.

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