Ostsee-Fangquoten für 2017 beschlossen
Die deutschen Fischer dürfen im kommenden Jahr deutlich weniger Dorsch aus der Ostsee ziehen. In der westlichen Ostsee sinkt nach einer Entscheidung der EU-Fischereiminister die Fangmenge um 56 Prozent im Vergleich zu 2016, in der östlichen Ostsee um 25 Prozent.
Erstmals werden auch Obergrenzen für Freizeitfischer eingeführt, da sie mittlerweile ähnlich viel Dorsch aus der Ostsee holen wie Berufsfischer. In der Laichsaison im Februar und März dürfen sie höchstens drei Dorsche pro Tag angeln, im Rest des Jahres fünf.
Der Direktor des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann, bezeichnete die Quoten als tragbaren Kompromiss. Es sei positiv, dass auch die Freizeitfischerei mit Begrenzungen belegt wurde. So würden die Lasten verteilt und der Fischereidruck insgesamt gesenkt. Mit der Quote auf Berufs- und Freizeitfischerei komme die EU-Entscheidung in die Nähe der Empfehlung des Wissenschaftlichen Rates für Meeresforschung (ICES), die eine Quotensenkung im Westen um 88 Prozent vorsah.
Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) sprach von einer «schmerzhaften, aber angesichts der Bestandssituation erforderlichen Quotenreduzierung». Die Dorschbestände in der Ostsee seien ausgelaugt. «Die Bestände werden sich weiter erholen können und unsere Ostseefischer haben eine wirtschaftliche Perspektive.» Abwrackprämien für Fischer, die Kutter aufgeben oder vorübergehend stilllegen, sollten weiter gezahlt werden.
Der Verband der Kutter- und Küstenfischer in Mecklenburg-Vorpommern reagierte enttäuscht. Es sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Berufsfischer weiter sinke, sagte Verbandschef Günter Grothe. Die Fischer im Nordosten hatten sich für regelmäßige Ausgleichszahlungen eingesetzt, die sich jährlich an den Fangquoten ausrichten sollten.
Auch der Landesfischereiverband Schleswig-Holstein forderte eine finanzielle Unterstützung für die Betriebe. Die Fischer im Land tragen zu etwa drei Viertel zum deutschen Dorschfang bei. Sie seien bereit, ihren Teil zur Schonung der Bestände zu übernehmen, sagte der Vize-Vorsitzende Benjamin Schmöde. Sie bräuchte aber Unterstützung.
Kritik kam von der Umweltorganisation Greenpeace. Erneut hätten sich die Fischereiminister bei der Quotenvergabe den Interessen der Fischereiindustrie gebeugt, anstatt den wissenschaftlichen Vorgaben zu folgen, sagte Experte Thilo Maack. Damit werde weder dem Dorschbestand noch der Ostseefischerei ein Gefallen getan.
Die Kürzung sei trotz der Härten für die Fischer erforderlich, um die Bestände zu schonen, sagte der Kieler Agrarminister Robert Habeck (Grüne). Indes seien nun Hilfen aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds erforderlich. «Wir setzen uns dafür ein, dass Gelder für die dauerhafte und vorübergehende Stilllegung gezahlt werden können.» Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus (SPD) betonte, dass die Fischer nicht allein gelassen werden dürften.
Wie der EU-Abgeordnete Werner Kuhn sagte, stehen zum Ausgleich 2,2 Millionen Euro nationale Gelder bereit, die für Abwrack- und Sozialprämien und Ausbildung genutzt werden sollen. Weitere zwei Millionen Euro würden nach Absprache mit Haushaltsexperten aus dem deutschen Bundeshaushalt bereitgestellt. Die Summe könne dann mit EU-Mitteln auf acht Millionen Euro verdoppelt werden.
Das Kieler Landesfischereiministerium wies darauf hin, dass Fischer bis zu 30 Tage im Jahr aufs Dorschfischen verzichten können und dafür Gelder als Ausgleich erhalten - bis zu drei mal pro Jahr zehn Tage am Stück. Das betreffe die Monate Januar und April bis Juni.
Bei anderen Fischbeständen können sich Fischer über Zuwächse freuen. So verdoppelt sich die Fangmenge bei der Scholle für die gesamte Ostsee nahezu. Die Heringsquote steigt im Westen um 8 Prozent. Beim Lachs ändert sich wenig, die Sprottenquote steigt um 29 Prozent.