Politischer Druck für die Pipeline
In einem fünftägigen Anhörungsmarathon wurden Folgen und Genehmigungsfähigkeit der Pipeline Nord Stream II erörtert und bewertet – die vielen Zweifel am Projekt konnten nicht ausgeräumt werden, bilanziert der WWF. Im Gegenteil: Es wurde beispielsweise deutlich, dass erhebliche Sicherheitsrisiken der Pipeline im Zusammenhang mit einen Bundeswehr-Schießgebiet nicht gutachtlich aufgeklärt werden sollen. Nord Stream lehnte es ab, Pipelinestücke von 3 Metern Länge für eine Risikostudie zur Verfügung zu stellen. Zu Umweltfragen bleiben nach der Anhörung vor allem Fragezeichen: Der Ausgleich von Umwelteingriffen lässt sich nicht beurteilen, weil die vorgelegten Unterlagen dazu allenfalls als grobe Skizze zu werten sind. Diese Minimalinformationen zur Kompensation wurden sowohl von Umweltschützern als auch von weitere Fachbehörden, Kommunen und Institutionen kritisiert. Auch die Einwendungen von WWF und weiteren Umweltverbänden wegen einer falschen Berechnungsmethode für die Naturschutzeingriffe konnten nicht aufgeklärt werden.
„Es entsteht der Eindruck, dass Landes-und Bundesregierung den Druck der Pipelinebetreiber auf eine schnelle Genehmigung an die Genehmigungsbehörden weitergeben wollen“, kritisiert Jochen Lamp, Leiter des WWF-Ostseebüros, der die Erörterung im Verhandlungssaal verfolgt. „Das Bergamt Stralsund als zuständige Fachbehörde muss seine Entscheidung aber unabhängig und frei von politischen Wünschen treffen können, nachdem alle Einwände hinreichend abgewogen wurden“.
Die Landesregierung in Stralsund bereitet dem Projekt jedoch bereits den Weg. Trotz der erheblichen Planungsunsicherheiten will die Landesregierung Schutzgebiete im Bereich des Greifswalder Boddens/Strelasund bereits vorsorglich ausweiten, damit künftige Umwelteingriffe die Schwellenwerte des Naturschutzes nicht überschreiten werden. „Statt Eingriffe und damit Umweltfolgen zu minimieren, soll einfach die Fläche vergrößert werden, um damit rechnerisch eine Verhältnismäßigkeit herzustellen“, kritisiert Jochen Lamp. Die klare Aussage der Bauern und Landbesitzer „keinen Quadratmeter Land“ für die Nord Stream Pipeline herzugeben, vergrößert die Zweifel des WWF, dass die Kompensationen auf Rügen überhaupt durchsetzbar sind.
Für den WWF ist es nicht hinnehmbar, dass in der Ostsee ein riesiges Bauwerk genehmigt und errichtet wird, obwohl weder Probleme bei Sicherheit und Naturschutzausgleich ausgeräumt werden können noch überhaupt ein Bedarf besteht, der den Bau rechtfertigen würde. Eine so langfristige Investition in zusätzliche Infrastruktur für fossiles Gas widerspricht den Klimazielen Deutschlands und der EU bis 2050 treibhausgasneutral zu sein. Angesichts der offenkundigen Planungsmängel und der von verschiedenen Parteien vorgetragenen Zweifel hält WWF das Projekt derzeit für nicht genehmigungsfähig. „Sollte auf Grundlage der vorliegenden Planung eine Genehmigung erteilt werden, wäre dies aus Sicht des WWF eine Einladung, diesen Beschluss vor Gericht überprüfen zu lassen“, so Lamp.
Zur Pressemitteilung auf wwf.de
Aktuelle Pressemitteilungen auf regierung-mv.de