Rückgang der Nährstoffbelastung und Meeresspiegelanstieg: Gewinner und Verlierer im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer
Ein Team von Forschenden [...] hat eine signifikante Abnahme in der Häufigkeit, der Biomasse und der räumlichen Verbreitung von charakteristischen Wattenmeer-Arten, wie Schnecken, Muscheln, Krebsen oder Würmern, im Ostfriesischen Wattenmeer festgestellt. Das Team verglich dabei einen umfangreichen, aktuellen Datensatz aus dem Jahr 2018 von etwa 500 Messstationen mit einem vergleichbaren, historischen Datensatz aus den 1980er Jahren. Den Artenwandel im Ostfriesischen Wattenmeer führen die Wissenschaftler*innen [...] auf eine verringerte Nährstoffbelastung und Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs auf die Lebensgemeinschaften im Wattboden zurück.
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In seiner Studie zeigt das Forscher*innen-Team, dass die Anzahl der insgesamt gefundenen Arten seit den 1980er Jahren im Untersuchungsgebiet zwar fast konstant geblieben ist – die zahlenmäßige und räumliche Verbreitung sowie der Anteil der Biomasse zahlreicher Arten sich aber bedeutend geändert hat. In den 1980er Jahren belief sich die Gesamtzahl auf 90 Arten, 2018 waren es noch 81 Arten. [...]
Insbesondere Tiere wie die Wattschnecke Peringia ulvae oder verschiedene Muschelarten, die sich von an der Sedimentoberfläche wachsenden kleinen Algen ernähren, verzeichnen in den Auswertungen der Forschenden einen starken Rückgang, der sich dann auch in der Gesamtbiomasse und -häufigkeit dieser Arten niederschlägt. Grund für die Abnahme sei ein vermindertes Nahrungsangebot. „Seit den 1980er Jahren gelten strengere Anforderungen für die Landwirtschaft und für kommunale Kläranlagen, wodurch weniger Nährstoffe in die Flüsse, wie die Elbe, die Weser oder den Rhein gelangen – und damit auch in unser Untersuchungsgebiet. Diese verringerte Nährstoffbelastung führt zu einem deutlichen Rückgang von Algenblüten – der Nahrungsquelle der genannten Tiere“, erklärt Kröncke und fährt fort: „Was für die Wattschnecke vielleicht von Nachteil ist, ist für andere Organismen aber ein deutlicher Gewinn: Die bessere Wasserqualität wirkt sich beispielsweise positiv auf Seegraswiesen und Austernriffe aus. Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen, dass sich Seegrasbestände im deutschen Wattenmeer bis 2018 erholt haben und zeigen eine Ausdehnung der gemischten Muschel- und Austernbänke!“
Auch die Biomasse des Wattwurms Arenicola marina stieg um etwa 75 Prozent an. [...]
Die Gesamtzahl der invasiven Arten erhöht sich laut der neuen Studie von zwei auf insgesamt sechs Arten. Der klimabedingte Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen um circa zwei Grad Celsius seit den 1980er Jahren im Untersuchungsgebiet begünstigt die Etablierung neuer invasiver Arten, so die Forschenden. Die Amerikanische Schwertmuschel (Ensis leei) findet man nun etwa 80 Prozent häufiger im Ostfriesischen Wattenmeer. Die invasive Muschel zählt zu den „Gewinnern“ in diesem Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer. Die vier 2018 neu erfassten invasiven Arten – die Amerikanische Pantoffelschnecke Crepidula fornicata, die Pazifische Auster Magellana gigas, die Zwergbrandungsmuschel Mulinea lateralis und die räuberisch lebende Felsenkrabbe Hemigrapsus spec. – gelten als tolerant gegenüber höheren Temperaturen.
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(PM Senckenberg, gekürzt)
Weitere Informationen unter senckenberg.de