Interview: Unterwasser-Hotels für marine Lebewesen in der Kieler Förde

Im Rahmen des Moduls Ocean Sustainability der Kieler Universität entwickelten die Studentinnen Annabel, Luisa und Lena das Projekt Living Seawalls – Greening the Kieler Förde. Ziel ist es neue Lebensräume zu erschaffen und Biodiversität zu fördern, an Orten, die stark von Menschen überformt wurden. Hierfür sollen spezielle Fliesen karge Kaimauern der Kieler Förde in einen attraktiven Lebensraum für marine Arten umwandeln. Ein 3D Drucker stellt diese Fliesen aus Keramik her, die anschließend mit Zement verfüllt werden, so dass sie den marinen und teils rauen Umweltbedingungen gewachsen sind. Unterstützt werden die drei Studentinnen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und dem Sydney Institute of Marine Science in Australien.

EUCC-D führte ein Interview mit Annabel, Luisa und Lena

Ihr beschreibt euer Projekt auch als „Unterwasser-Hotels“ für Tiere. Welche Arten werden die Fliesen voraussichtlich als Rückzugsort und Unterschlupf nutzen?

Zunächst werden sich Bakterien ansiedeln, gefolgt von Algen, Seepocken und Muscheln. Aber auch Krebstiere könnten hier ein neues Zuhause finden. Durch die Besiedlung werden vermehrt auch andere Fressfeinde angezogen, sodass wir hoffen, auch kleine Fische im Bereich der Fliesen langfristig vorzufinden.

Ein Nebeneffekt der Besiedelung mit Muscheln ist, dass sie die Wasserqualität lokal verbessern können. Sie sind so genannte „Filtrierer“. Das bedeutet einfach gesagt, dass sie, um sich zu ernähren, das Wasser filtern und enthaltene Stoffe aufnehmen.

 

Der 3D Drucker ermöglich eine unendliche Vielfalt an Formen und Strukturen für eure Fliesen. Für welche Varianten habt ihr euch entschieden?

Wir haben uns zunächst für zwei Fliesenstrukturen entschieden. Neben einer strukturierten mit kleinen Hügeln und Tälern versehenen Fliese, haben wir eine einfache flache Form gewählt, die eher einer kahlen Kaimauer ähnelt. Diese wird als Referenz genutzt, um die Entwicklung der Besiedelung im Vergleich zur strukturierten Fliese zu sehen. Außerdem wurden diese Fliesen schon in anderen Experimenten, z.B. dem „World Harbour Project“, verwendet und können somit ebenfalls mit anderen Standorten verglichen werden. Die strukturierte Fliese bietet den marinen Lebewesen Schutz und Versteckmöglichkeiten und ähnelt einem natürlichen Lebensraum.

Living Sea Walls

Wird ein Monitoring stattfinden, um die Nutzung der Living Sea Walls zu beobachten?

Es ist geplant, die Standorte der Fliesen in regelmäßigen Abständen zu beobachten. Hierfür werden die Fliesen nicht aus dem Wasser geholt, sondern mit Kameras unter Wasser inspiziert. So können wir am Ende den gesamten Verlauf der Anreicherung der unterschiedlichen Lebensformen beobachten.

 

Ein Blick in die Zukunft: Welche Entwicklung wünscht ihr euch für die Kieler Förde und andere urban geprägte Küstengewässer?

Wir würden uns wünschen, dass vor allem in Hafenstädten die Aufmerksamkeit auf die angrenzenden Gewässer als Lebensraum und nicht nur als Nutzraum gelenkt wird. Diesem Problem wird zurzeit zu wenig Beachtung geschenkt. Vielleicht weil dieser Lebensraum verborgen unter der Wasseroberfläche liegt und nicht direkt sichtbar ist für den Menschen. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass man mit simplen Methoden, wie zum Beispiel unseren Fliesen, die Biodiversität fördert.

Annabel, Luisa und Lena

Weitere Informationen und Möglichkeiten die Studentinnen zu unterstützen:

www.instagram.com/greeningthekielerfoerde


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