Versalzung bedroht weltweit die Wasserversorgung aus Flüssen mit Gezeiteneinfluss
Zwei Drittel der weltweiten Trinkwasserversorgung stammt aus Oberflächengewässern, nicht aus Grundwasser. Eine ganz wesentliche Rolle spielen dabei auch Flüsse, die ins Meer münden und in Küstennähe unter dem Einfluss von Gezeiten stehen. Ihr Wasser wird in der Landwirtschaft, für industrielle Produktion, als Kühlwasser in Industrieanlagen u. Ä. verwendet. Bislang stand die Gefährdung der Wasserversorgung für diese Zwecke durch die Versalzung solcher Tideflüsse wenig im Fokus des wissenschaftlichen und öffentlichen Interesses, obwohl erhöhte Salzgehalte im Trinkwasser und in der landwirtschaftlichen Bewässerung äußerst gesundheits- und umweltschädlich sind und durch Salz beschleunigte Korrosion in der Industrie ein großes Problem darstellt.
[... In einer aktuellen Studie] nahmen die Forschenden ozeanographische und hydrologische Prozesse in den Blick, die das Eindringen von Salzwasser begünstigen, sowie Prozesse in Wassereinzugsgebieten, die zu verstärkter Erosion und Verwitterung und damit zu erhöhtem Salzeintrag in Flüsse führen.
Zentrale Ergebnisse der Studie sind:
- Der Klimawandel ist der Haupttreiber der Versalzung. Der beschleunigte Meeresspiegelanstieg, immer längere Trockenheitsphasen und dadurch bedingte sehr niedrige Abflussraten in Flussläufen, aber auch Extremwetterereignisse, die durch Starkregen zu punktuell sehr hohen Einträgen von Salzen aus den Wassereinzugsgebieten führen, sorgen für eine erhebliche Zunahme des Versalzungsproblems.
- Menschliche Aktivitäten und Eingriffe in die betroffenen Flüsse, wie die Vertiefung von Fahrrinnen in Flussmündungen, die übermäßige Verwendung von Streusalz und durch Menschen beschleunigte Verwitterungsprozesse an Land tragen ebenfalls zu erhöhten Salzgehalten bei und verschärfen die Probleme zusätzlich.
- Tideflüsse auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen sind betroffen, von halbtrockenen bis zu niederschlagsreichen gemäßigten Zonen, sowohl, was die Trinkwasserproblematik als auch die Schäden für Umwelt und Infrastruktur angeht.
- Die Versalzung von Süßwasser kann außerdem zu schädlichen Sekundäreffekten führen, wie die Verschärfung von Sauerstoffdefiziten und die zusätzliche Schad- und Nährstoffmobilisierung in den betroffenen Flüssen, einschließlich Schwermetall- und radioaktiver Belastung.
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Zum Autorenteam der jetzt vorgelegten Studie gehören neben der University of Maryland und dem IOW außerdem noch Forschende der Pennsylvania State University, der Rutgers University, der Woods Hole Oceanographic Institution, der University of Pennsylvania und der Salisbury University. Alle sehen angesichts der sich verschärfenden weltweiten Versalzungskrise dringenden Handlungsbedarf, insbesondere die Notwendigkeit, Wissenschaft, Ingenieurswesen, Wasserressourcenmanagement und Gesetzgebung zusammenzubringen, um die gefährdeten Süßwasserressourcen und die lebenswichtige Infrastruktur, durch die das Wasser bereitgestellt wird, zu schützen.
Konkret fordern sie:
- Eine verstärkte Überwachung und Messung der Salz-Ionen-Zusammensetzung des Flusswassers, die sich oft stark von der des Meerwassers unterscheidet, ist von entscheidender Bedeutung für ein besseres Verständnis der Herkunft der Salze, ihres Transports und ihres Verbleibs in Wassereinzugsgebieten und Gezeitenflüssen, was dem Schutz der Infrastruktur zugutekommt.
- Die Entwicklung von hydrologisch-hydrodynamischen Modellen, die den Transport bestimmter Salz-Ionen simulieren können, ist für eine genaue Vorhersage und die Bewertung von Risiken für die Infrastruktur unerlässlich.
- Bei der Entwicklung von Entscheidungshilfen für die Vorhersage und Bewältigung von Salzkontaminationen sollten auch lokale Interessengruppen einbezogen werden, um möglichst effektiv zu vermitteln, dass der Schutz der Infrastruktur ein zentraler Aspekt bei der Bewältigung des Versalzungsproblems ist.
(PM IOW, gek.)
Weitere Informationen unter io-warnemuende.de
Originalpublikation: Li, M., Najjar, R. G. & Kaushal, S. et al. (2025): The Emerging Global Threat of Salt Contamination of Water Supplies in Tidal Rivers. Environ. Sci. Technol. Lett. Link