Wie Schwefel den Kohlenstoffkreislauf subtropischer Seegraswiesen beeinflusst: Neue Erkenntnisse aus der Florida Bay
Seegraswiesen sind besonders schützenswerte Meeresökosysteme: Sie beherbergen und ernähren eine große Vielfalt marinen Lebens und vermindern als natürlicher Wellenbrecher Küstenerosion. Zudem speichern sie sogenannten „Blauen Kohlenstoff“ – Kohlenstoff, der im Ozean sowie in küstennahen Ökosystemen lange gebunden bleibt und damit nicht als Kohlendioxid (CO2) klimaschädlich wirksam werden kann. Den Kohlenstoff speichern die Seegraswiesen nicht nur über Photosynthese in ihren pflanzlichen Bestandteilen, sondern begraben in ihren Wurzelsedimenten auch organisches Material anderer Organismen, das sich im dichten Pflanzenbestand ansammelt.[...]
Im Fokus der Studie von Mary Zeller und ihrem deutsch-amerikanischen Forschungsteam standen subtropische Seegraswiesen in der Florida Bay im Süden der USA. Um zu verstehen, ob und wie dort organische Stoffe – und damit Kohlenstoff – aus den Sedimenten in die Wassersäule gelangen, kombinierten sie hochmoderne geochemische und molekulare Methoden, um Sedimente, Porenwasser und Umgebungswasser zu analysieren. Schwerpunkte der an der Studie beteiligten IOW-Forschenden Mary Zeller und Michael Böttcher waren dabei zum einen die Analytik verschiedener stabiler Isotope, die als biogeochemische Marker zum Verständnis der komplexen Stoffumwandlungsprozesse genutzt werden können, zum anderen eine spezielle Methode hochauflösender Massenspektrometrie, die es erlaubt, in komplexen Gemischen aus vielen organischen Moleküle die Summenformel einzelner Molekültypen zu bestimmen.
Unerwartet enge Koppelung von Schwefel- und Kohlenstoffkreislauf
Die Forschenden fanden heraus, dass knapp 10 % aller organischen Stoffe der untersuchten Seegraswiesen an deren kalkhaltige Sedimente gebunden sind. Dieser Sedimenttyp ist eine Besonderheit tropischer und subtropischer Seegrasökosysteme, denn in der warmen Umgebung führen die Stoffwechselprozesse der Seegraspflanzen dazu, dass im Meerwasser gelöstes Karbonat zu Kalk umgewandelt wird, der sich im Wurzelbereich anreichert. Werden diese Sedimente aufgelöst, können die dort gebundenen organischen Substanzen gelöst in die Wassersäule gelangen und stehen damit potenziell dem marinen Kohlenstoffkreislauf wieder zur Verfügung. [...]
Eine besondere Rolle bei der Mobilisierung von organischen Substanzen aus den Sedimenten spielt die Schwefelchemie im Meeresboden, die die Seegraswiesen wie eine Art Biokatalysator fördern: Ihre Wurzeln transportieren aktiv Sauerstoff ins Sediment, was dort die Oxidation von Schwefelverbindungen durch Mikroorganismen begünstigt. Dabei entsteht zum einen Säure, die dazu führt, dass sich die kalkhaltigen Sedimente um die Seegraswurzeln teilweise auflösen und so vorher gebundene organische Substanz wieder freigeben. Zum anderen bilden sich durch die im Wurzelbereich ablaufenden mikrobiellen Prozesse äußerst stabile organische Schwefelverbindungen, die weitgehend resistent sind gegenüber biologischer Zersetzung und dem Abbau durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts. [...]
(PM IOW, gek.)
Weitere Informationen unter io-warnemuende.de
Originalpublikation:
Zeller, M.A., Van Dam, B.R., Lopes et al.(2024): The unique biogeochemical role of carbonate-associated organic matter in a subtropical seagrass meadow. Communications Earth & Environment 5, 681. DOI: doi.org/10.1038/s43247-024-01832-7 Link